Epilepsie
Häufigkeit
Im Verlauf ihres Lebens haben etwa 5% der Bevölkerung zumindest einen epileptischen Anfall.
Eine Epilepsie entwickeln etwa 0,6 % der europäischen Bevölkerung, dies entspricht ca. 500.000 Menschen in Deutschland, was die Epilepsie zur häufigsten chronischen Krankheit des zentralen Nervensystems macht.
Das Risiko, an Epilepsie zu erkranken, ist in den ersten Lebensjahren und wegen der Zunahme von symptomatischen Ursachen wie z.B. Zuständen nach Schlaganfall ab dem 60. Lebensjahr besonders hoch.
Die jährliche Rate an Neuerkrankungen in Deutschland entspricht ca. 35.000 Menschen.
Sie ist keine Erbkrankheit, lediglich eine erhöhte Bereitschaft zu Anfällen wird vererbt, und das bei etwa 10% der Menschen.
Einteilung nach Erscheinungsbild
- fokal (Beginn an bestimmtem Ort im Gehirn, Übergang in generalisierten Anfall möglich), dabei unterscheidet man je nach Lokalisation des Fokus in Temporallappenepilepsien (häufig mit sogenannten epigastrischen Auren wie kurzer aufsteigender Übelkeit), Frontallappenepilepsien, Parietallappenepilepsien oder den seltenen Okzipitallappenepilepsien. Außerdem werden einfach fokale (= partielle) Anfälle (mit erhaltenem Bewußtsein und adäquater Reaktion auf Ansprache) von komplex fokalen (= partiellen) Anfällen (Bewusstsein eingeschränkt mit Erinnerungslücke oder Verwirrtheitszustand während des Anfalls oder danach)
- generalisiert (primär beide Hirnhälften betroffen)
Einteilung nach Ursache
- idiopathisch (Bezeichnung für Epilepsieerkrankungen mit typischem Erscheinungsbild wie z.B. juvenile myoklonische Epilepsie, Aufwach-Grand mal-Epilepsie oder Epilepsien mit spezifisch ausgelösten Anfällen )
- symptomatisch (z.B. nach Hirnentzündungen, Hirnblutungen, Sauerstoffmangel unter der Geburt, Hirnverletzungen, Schlaganfall, bei Stoffwechselstörungen des Gehrins, Tumoren oder Fehlbildungen)
- kryptogen (Bezeichnung für Epilepsien, die keiner typischen idiopathischen Epilepsieform zugeordnet werden können und bei deren Abklärung sich kein Hinweis auf eine symptomatische Ursache ergibt)
Diagnostik

Einen nicht zu überschätzenden Stellenwert in der Diagnostik nimmt die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) sowie auch der Befragung von bei Anfällen anwesenden Personen (Fremdanamnese) ein. Neben der Beschreibung der Anfallssituation (Gibt es eine Erinnerung an die Sekunden vor der Bewußtlosigkeit?, Dauer der Bewußtlosigkeit?, Was haben anwesende Personen beobachtet?, Wie lange hat die Reorientierungsphase gedauert?) wird nach familiärem Auftreten von Epilepsien gefragt und auf Vorerkrankungen geachtet, die möglicherweise eine symptomatische Epilepsie verursachen. Dazu gehören Erkrankungen in der Schwangerschaft, Probleme unter der Geburt, Unfälle mit Schädel-Hirn-Trauma oder entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems.
Darauf folgt die neurologisch körperliche Untersuchung, welche Hinweise auf eine symptomatische Ursache liefern kann.
Auch Laboruntersuchungen dienen dem Erkennen von möglichen Ursachen symptomatischer epileptischer Anfälle (wie Unterzuckerung oder Mineralstoffmangel).
Durch die Elektroenzephalografie (EEG) kann die Bereitschaft des Gehirns zu epileptischen Entladungen direkt angezeigt werden.
Die cerebrale Computertomografie (CCT) dient als schnell verfügbare Untersuchung bei einem ersten Anfall in der Klinik dem Ausschluss einer gröberen Veränderung am Hirngewebe.
Die Magnetresonanztomografie (MRT oder MRI) hat im Vergleich zum CCT eine deutlich höhere Auflösung und einen besseren Kontrast zwischen grauer und weißer Substanz.
Für spezielle Fragestellungen insbesondere in der prächirurgischen Diagnostik steht die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI) zur Verfügung, mit der spezielle Hirnfunktionen den zugehörigen Rindenarealen zugeordnet werden kann.
Therapie
Ziel der Behandlung bei Epilepsien ist die völlige Anfallsfreiheit mit möglichst wenigen oder ohne Nebenwirkungen. Bei Kindern soll durch die Therapie darüber hinaus eine unbeeinträchtigte Entwicklung gewährleistet werden. Allen Patienten soll eine Lebensform ermöglicht werden, die den Fähigkeiten und Begabungen gerecht wird.
Diese Therapieziele werden in erster Linie durch eine geeignete Pharmakotherapie erreicht. Mit Hilfe einer Monotherapie gelingt es in circa zwei Drittel der Fälle, die Anfälle zu kontrollieren. Bei den übrigen Patienten spricht man von einer pharmakoresistenten Epilepsie. Der zusätzliche Einsatz weiterer Antiepileptika (Add-On-Therapie) führt bei pharmakoresistenten Epileptikern (etwa 10 %) zwar nur selten zur dauerhaften Anfallsfreiheit, jedoch sind Teilerfolge, wie etwa eine reduzierte Anfallsfrequenz oder mildere Anfallsformen, erzielbar.
Wenn trotz optimaler Wahl der Antiepileptika in höchster ertragbarer Dosierung keine befriedigende Anfallskontrolle erreicht wird, die Auswirkungen der Anfälle auf die Lebensqualität und die Nebenwirkungen der Medikamente auf die geistigen Fähigkeiten und das Verhalten sehr gravierend sind und eine strukturelle Läsion des Gehirns als ursächlich für die Anfälle nachgewiesen werden kann, kommt auch eine chirurgische Therapie des Anfallsleidens in Frage.
Selten angewendet wird eine ketogene Diät mit sehr hohem Fett- und geringem Kohlenhydrat- und Eiweißanteil zur Erzeugung einer anhaltenden Stoffwechsellage mit überwiegender Fettverbrennung und Bildung von Ketonkörpern. Dadurch wird der biochemische Effekt des Fastens imitiert. Der genaue Wirkmechanismus ist dabei bis heute nicht geklärt. Zahlreiche Studien konnten aber zeigen, dass etwa ein Drittel der behandelten Patienten anfallsfrei werden und etwa ein weiteres Drittel eine deutliche Reduktion der Anfälle um mindestens die Hälfte erfährt.
Prognose
Die Prognose von Epilepsien hängt vor allem vom Manifestationsalter, von der Art der Anfälle und von begleitenden Erkrankungen des Nervensystems ab.
Insgesamt erreichen etwa 50 bis 80 Prozent aller Epilepsie-Patienten eine anhaltende Anfallsfreiheit. Dabei haben Kinder mit einem Erkrankungsalter zwischen 1-10 Jahren die größte statistische Wahrscheinlichkeit, anfallsfrei zu werden.
Idiopathische und kryptogene Epilepsien haben allgemein eine bessere Prognose als symptomatische. Entsprechend verschlechtert sich die Prognose bei Patienten mit begleitenden neurologischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen.
Anhaltende EEG-Veränderungen gehen ebenfalls mit einer etwas schlechteren Rate an Remissionen einher.
Ein gutes prognostisches Zeichen stellt das rasche Ansprechen auf die Therapie dar, wohingegen bisher nicht belegt werden konnte, dass sich die Langzeitprognose durch ein frühes Einsetzen der antiepileptischen Behandlung günstig beeinflussen lässt.
Fahrtauglichkeit
Die aktuellen Regelungen können Sie hier als PDF-Dokument erhalten:
Info Fahreignung bei Epilepsie [153 KB]